Strukturierte Produkte – wie anlegen

Finanzthema, Oktober 2017

Strukturierte Produkte – wie anlegen

Was sind Strukturierte Produkte
Strukturierte Produkte sind Anlageprodukte, in denen zwei oder mehr Finanzinstrumente kombiniert werden, von denen eines oftmals eine Option ist. Zweck eines Strukturierten Produktes ist, ein bestimmtes Risikoverhalten in einer bestimmten Marktsituation zu erzielen. Zudem können Strukturierte Produkte den Zugang zu Märkten eröffnen, die mit anderen Finanzinstrumenten nicht ohne Weiteres abzudecken sind. Je nach persönlicher Risikoneigung, der Marktsituation und der Markterwartung sind die verschiedenen Varianten von Strukturierten Produkten mehr oder weniger für eine Anlage geeignet.

Welche Arten von Produkten gibt es
Die Vielfalt von Strukturierten Produkten erscheint unübersehbar, nicht zuletzt auch, weil jeder Anbieter (Emittent) eigene Begriffe für die verschiedenen Arten von Produkten und deren Strategien verwendet. Hinzu kommt, dass neben der Bezeichnung Strukturierte Produkte auch die Begriffe «Zertifikat» oder «Derivat» häufig synonym verwendet werden. Um einen Überblick zu erleichtern, hat der Schweizerischer Verband für Strukturierte Produkte (SVSP) eine neutrale Kategorisierung entwickelt, der auch wir in dieser Darstellung folgen werden. Damit fällt es interessierten Investoren etwas leichter, sich in den sechs Hauptgruppen und über 20 Produkttypen zurecht zu finden.

Wichtige Begriffe
Um Strukturierte Produkte besser beschreiben zu können, ist es erforderlich, zunächst einige Fachbegriffe zu erklären:

Basket: Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Wertpapieren, die als Basis für ein Strukturiertes Produkt dienen und zu diesem Zweck zusammengefasst wurden.

Cap: Mit Cap wird eine Begrenzung der möglichen Ertragsentwicklung eines Strukturierten Produktes bezeichnet. Der Gewinn oder Verlust eines Produktes kann nach oben bzw. unten begrenzt sein und nur bis zum Cap-Wert an der Wertentwicklung des Basiswerts teilhaben.

Delta: Dies ist eine häufig anzutreffende Kennzahl zur qualitativen Beurteilung von Optionen. Sie misst die Veränderung des Optionskurses bei einer Kursveränderung des Basis wertes um eine Währungseinheit. Somit wird dadurch die Preissensitivität eines Instruments angegeben. Das Delta kann bei einer Kaufoption (Call) zwischen 0 und 1 und bei einer Verkaufsoption (Put) zwischen -1 und 0 liegen.

Future: Ein Future ist ein standardisiertes Termingeschäft, das den Vertragspartner verpflichtet, eine bestimmte Menge eines Basiswertes zu einem vereinbarten Preis an einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen (Käufer) oder zu liefern (Verkäufer).

Hebel: Der Hebel oder Leverage bezeichnet das Verhältnis des Ertragspotenzials zum eingesetzten Kapital. Ein Hebel von 10x bedeutet beispielsweise, dass bei einem Verlust von 10 % auf dieser Hebelposition das gesamte eingesetzte Kapital verloren ist und bei einem Gewinn von 10 % sich das eingesetzte Kapital verdoppelt.

Strike: Der im Produkt festgelegte Preis, zu welchem der Käufer den Basiswert bei oder bis zum Optionsverfall kaufen (bei Call-Optionen) bzw. verkaufen (bei Put-Optionen) kann.

Funktionsweise
Grundsätzlich handelt es sich bei Strukturierten Produkten um Finanzprodukte, die aus einem Basiswert und einer derivativen Komponente besteht. Beides wird in einem eigenständigen Wertpapier zusammengefasst. Als Basiswert können einzelne Aktien, Währungspaare, Indizes, Rohstoffe oder auch Baskets dienen. Bei der derivativen Komponente handelt es sich um einen Finanzterminkontrakt (Future) oder eine Option. Diese derivative Komponente kann zwei Funktionen haben: entweder wird damit das Risiko bzw. die Kosten gesenkt oder sie dient dazu, zusätzliches Ertragspotenzial zu generieren. In vielen Fällen führt dies zu einem nicht-linearen Preisverhalten des Produktes.

Je nach Ausgestaltung des Produktes werden Basiswert und Derivat auf unterschiedliche Weise kombiniert. Allen Strukturierten Produkten gemeinsam ist, dass eine Begrenzung der Gewinne oder Verluste ab einem bestimmten Kurswert definiert ist. Hiervon ausgenommen sind Partizipationsprodukte, welche die Entwicklung eines Vergleichsindex möglichst identisch nachbilden.

Schliesslich haben die meisten Strukturierten Produkte eine begrenzte Laufzeit. Je nach Ausgestaltung, können diese am Ende der Laufzeit entweder zum aktuellen Wert oder zu einem vorab definierten Gegenwert zurückgezahlt werden. Allerdings ist es bei einigen Produkten auch möglich, dass diese Papiere am Ende wertlos verfallen, da ein bestimmtes, zuvor im Vertrag festgelegtes Ereignis (nicht) eingetreten ist.

Es würde den Rahmen dieser Publikation sprengen, wenn wir alle Produkttypen hier vorstellen wollten. Daher konzentrieren wir uns zunächst auf zwei beliebte Strukturierte Produkte, die sich für Marktsituationen ohne klar steigende oder fallende Kurse eignen: Discount Zertifikate und Reverse Convertibles. Einzelheiten zu weiteren Arten von Strukturierten Produkten sind unter www.svsp-verband.ch/strukturierte-produkte/#section-knowledge zu finden.

Diskonter oder Discount Zertifikate
Dies sind Zertifikate, die es Anlegern ermöglichen, den zu Grunde liegenden Basiswert mit einem Kursabschlag zu kaufen. Gleichzeitig ist die Beteiligung an steigenden Kursen nach oben begrenzt. Diese Obergrenze, meist Cap genannt, ist von Anfang an definiert. Der Vorteil dieses Produktes für Sie als Kunde ist also, dass Sie an der Wertentwicklung eines Basisproduktes zu einem geringeren Preis teilhaben können. Von Kursgewinnen über den Ausübungspreis hinaus profitieren Sie nicht, im Gegenzug erhalten Sie dafür aber einen von der Volatilität des Basispreises vergleichsweise hohen Coupon. Der Coupon liegt in der Struktur des Produktes begründet: Ein Teil besteht aus einer Put-Option auf den Basiswert. Die aus dem Verkauf dieser Put-Option erhaltene Prämie ergibt zusammen mit dem üblichen Kapitalmarktzins den im Vergleich zu einer normalen Obligation überdurchschnittlich hohen Ertrag.

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Da das Produkt vergünstigt, d.h. unter dem eigentlichen Strike- Preis, erworben wurde, verfügen Anleger bei einer negativen Wertentwicklung über ein grösseres Polster (Risikopuffer), bis das Produkt in die Verlustzone gerät. Dieser Effekt verliert aber an Bedeutung, je höher die Verluste des Basiswertes sind. Solange sich der Kurs des Basiswerts nur wenig bewegt oder am Ende der Laufzeit nur mässig angestiegen ist, erzielen Anleger eine höhere Rendite als Investoren, die direkt in den Basiswert investiert hatten. Somit eignen sich diese Produkte für Situationen, in denen eine geringe Schwankung des Basiswerts um den aktuellen Kurs erwartet wird. Sie entsprechen in ihrem Verhalten der Stillhalterposition einer Put-Option.

Barrier Reverse Convertible
Diese Instrumente sind recht ähnlich ausgestaltet, wie Discount Zertifikate und zählen zu den beliebtesten Produkten der Schweizer Privatanleger. Auch sie erlauben es Investoren, den Basiswert günstiger zu erwerben. Auch hier ist die Teilnahme an einer positiven Kursentwicklung durch eine vorher definierte Obergrenze (Cap) gedeckelt.

Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass ein Ausübungspreis (Strike) und eine tiefer angesetzte Barriere bei Auflegung des Papiers festgelegt werden. 

Für die Rendite des Produktes entscheidend ist, ob die Barriere während der Laufzeit des Papiers berührt wurde oder nicht. Wurde die Barriere bis zum Verfalltag nie berührt und der gehandelte Kurs lag stets über dem Barrierepreis, wird der zuvor festgelegte Coupon zusammen mit dem Nominalwert des Papiers zurückgezahlt. Die Barriere bewirkt also, dass die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Rückzahlung steigt.

Beim Berühren der Barriere wird das Strukturierte Produkt zum Reverse Convertible. Damit wird am Ende der Laufzeit der Ausübungspreis relevant, um zu entscheiden, ob eine Rückzahlung von Geld oder eine Auslieferung des Basiswertes in das Depot des Anlegers (d.h. eine Andienung) erfolgen soll. Liegt der aktuelle Kurs des Basiswerts bei Verfall unter dem des Ausübungspreises erhält der Besitzer entweder den Basiswert (z.B. Aktien) oder (bei nicht lieferbaren Basiswerten, wie z.B. bei Baskets) den aktuellen Gegenwert in bar. In jedem Fall wird aber der Coupon gezahlt.

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Vorteile
Generell können Strukturierte Produkte eingesetzt werden, um Risiken zu reduzieren, indem sie einem bestehenden Portfolio beigemischt werden. Je nach Ausgestaltung kann damit die Gesamtvolatilität des Portfolios, d.h. die Stärke der Wertschwankungen, reduziert werden. Ebenso können solche Produkte in bestimmten Marktsituationen auch zum Kapitalschutz eingesetzt werden.

Mit Strukturierten Produkten können bestimmte Markterwartungen gezielt mit Anlageentscheidungen unterlegt werden. Gleich ob Strategien auf Einzeltitel, Branchen oder ganze Märkte, für fast alles sind massgeschneiderte Produkte verfügbar, die mit anderen Finanzinstrumenten nur schwer nachgebildet werden können.
Gerade bei Märkten, die keine klare Richtung erkennen lassen, ermöglichen Strukturierte Produkte eine teilweise attraktive Zusatzrendite. Strukturierte Produkte mit einem Hebel bieten zudem überproportionale Renditemöglichkeiten – bei entsprechend höherem Risiko. Generell sind für jede Risikoneigung geeignete Produkte vorhanden, seien es Kapitalschutzprodukte, die das eingesetzte Geld erhalten bis hin zu gehebelten Produkten, die ein Mehrfaches an Chancen und Risiken als der zugrundeliegende Basiswert bieten.

Risiken
Strukturierte Produkte werden durch einen Produktanbieter bzw. Emittenten individuell zusammengestellt. Sie stellen als Obligation eine nachrangige Verbindlichkeit des Emittenten dar. Daher trägt der Anleger ein Emittentenrisiko.

Jedes Strukturierte Produkt hat sein eigenes Risikoprofil und ist somit für eine ganz bestimmte Marktsituation bzw. -erwartung geeignet. Die Marktrisiken, denen der Basiswert unterliegt, können sich durch die speziellen Eigenschaften erhöhen oder reduzieren. Der Einsatz von gehebelten Produkten bzw. Produkte, die einen Leverage aufweisen, kann die Rendite wie auch das Risiko der Anlage deutlich erhöhen. Grund dafür ist, dass das Strukturierte Produkt stärker als der Basiswert auf Kursschwankungen reagiert.

Sofern Sie Strukturierte Produkte in Fremdwährungen erwerben, muss das Wechselkursrisiko zwischen Emissionswährung und Heim- Währung berücksichtigt werden. Dieses Währungsrisiko kann bei einigen Produkten jedoch abgesichert werden («Quanto»-Produkte). Da es sehr spezifische Instrumente sind, sollte vor dem Erwerb auf die Handelbarkeit von Strukturierten Produkten geachtet werden. Wegen der spezifischen Ausgestaltung kann die Marktliquidität geringer als bei anderen Produkten sein. Das heisst, die Möglichkeit zu jedem Zeitpunkt und zu jeder Marktsituation das Produkt zu kaufen oder zu verkaufen kann eingeschränkt sein. Investoren müssen daher bei wenig nachgefragten Instrumenten mit einer gewissen Preisunsicherheit umgehen können, wenn keine tägliche Preisermittlung erfolgt.
Je nach Art und Ausgestaltung des Produkts ist die Funktionsweise und das Verhalten in verschiedenen Marktsituationen möglicherweise schwer zu verstehen. Daher bietet es sich an, Kaufentscheidungen nur bei einfachen Produkten selbst zu treffen und bei komplexeren Produkten den Kundenberater oder die Kundenberaterin zu Rate zu ziehen.

Worauf sollten Sie achten? Die Wahl des Emittenten und dessen Bonität sind wichtig. Mit dem Erwerb von Strukturierten Produkten gehen die Emittenten der Produkte Zahlungs- und Leistungsversprechen ein – sie setzen sich damit einem Risiko aus. Für den Emittenten des Basiswertes (z.B. eine Aktiengesellschaft) erhöht sich sein Risiko durch die Emission eines Strukturierten Produktes nicht.

Wie bei anderen Anlageentscheidungen ist es wichtig, dass Investitionen in Strukturierte Produkte zwei zentrale Anforderungen erfüllen. Erstens muss der Anleger verstehen, wie das Produkt funktioniert, wie sein Ertrags- und Risikoverhalten in unterschiedlichen Marktsituationen ist. Zweitens muss das Risiko eines Produktes zur Risikoneigung bzw. -eignung des Anlegers passen. Wenn sich ein Investor mit dem Risiko, das er mit dem Erwerb eines Strukturierten Produktes, nicht wohlfühlt, ist es das falsche Produkt für ihn.

Wenn Sie mehr über die Einsatzmöglichkeiten von Strukturierten Produkten wissen möchten oder weitergehende Fragen haben, hilft Ihnen Ihre Kundenberaterin bzw. Ihr Kundenberater gerne weiter. Sie sind noch kein Kunde von Maerki Baumann & Co. AG? Dann können Sie unsere Experten via beratung@maerki-baumann.ch oder +41 44 286 25 25 kontaktieren.

Zusammenfassung

  • Strukturierte Produkte sind Kombinationen von festverzinslichen Instrumenten und Derivaten
  • Diese Produkte können sehr spezifisch für verschiedene Marktsituationen und Risikoneigungen ausgewählt werden
  • Strukturierte Produkte erfordern ein gutes Verständnis der Funktionsweise und des Chancen-/Risikoverhaltens

WICHTIGE RECHTLICHE HINWEISE

Diese Publikation dient ausschliesslich zu Informations- und Marketingzwecken und ist nicht auf die Herbeiführung eines Vertragsschlusses gerichtet, sondern enthält lediglich Markt- und Anlagekommentare von Maerki Baumann & Co. AG sowie eine Einschätzung zu ausgewählten Finanzinstrumenten. Somit stellt diese Publikation keine Anlageberatung oder individuell-konkrete Anlageempfehlung sowie kein Angebot für den Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar. Die zukünftige Performance von Investitionen lässt sich nicht aus der vergangenen Kursentwicklung ableiten, der Anlagewert kann sich vergrössern, aber auch vermindern und bei gewissen Produkten kann der Anleger zu Zusatzzahlungen verpflichtet werden. Darstellungen können unter Umständen auf unter 5-jährigen Berichtszeiträumen beruhen, was deren Aussagekraft vermindern kann. Zukunftsdarstellungen sind stets unverbindliche Annahmen. Darstellungen in Fremdwährungen unterliegen Wechselkursschwankungen, was die Performance beeinträchtigen kann. Die Information in dieser Publikation ist in keiner Weise als Zusicherung einer zukünftigen Performance zu verstehen. Maerki Baumann & Co. AG erbringt keine Rechts- oder Steuerberatung. Im Weiteren übernimmt Maerki Baumann & Co. AG keinerlei Haftung für den Inhalt dieses Dokuments und haftet insbesondere nicht für Verluste oder Schäden irgendwelcher Art, einschliesslich direkte, indirekte oder Folgeschäden, die aufgrund von in diesem Dokument enthaltenen Informationen und/oder infolge der den Finanzmärkten inhärenten Risiken entstehen können.

Redaktion: Milko G. Hensel, IT & Digitalisierung
Redaktionsschluss: 2. Oktober 2017

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