Geopolitik, (billigeres) Geld und Gold

Marktkommentar, Juli 2019

Geopolitik, (billigeres) Geld und Gold

Der seit einiger Zeit beobachtbare Anstieg des Goldes sowie anderer sogenannter «safe haven» wie Schweizer Franken, japanischer Yen oder US-Regierungsobligationen wirft die Frage auf, was der gemeinsame Nenner dieser Bewegungen ist. Wir denken, dass es dafür zwei Gründe gibt. Erstens den allgemeinen Anstieg geopolitischer Risiken weltweit und zweitens die Markterwartung stark sinkender US-Zinsen.

Ein Blick zurück als Start. Als China 2001 der Welthandelsorganisation beitrat, begann die Auslagerung von kostengünstiger Produktion von Industrie- und Konsumgütern aus westlichen Ländern, vor allem der USA, Richtung China. Der Vorteil war leicht sichtbar: Steigerung der Unternehmensgewinne und der Gewinnmargen über enorme Reduktion der Produktionskosten. Die Folge war logischerweise ein deutlicher Anstieg der globalen Aktienkurse seit 2001. Die Nachteile wurden erst jüngst klar: Erstens eine zunehmende Abhängigkeit der globalen Produktion und Lieferketten von China, zweitens ein zunehmend kritisch werdender Transfer von Technologie-Know-How aus den USA Richtung China. Der erste Nachteil fördert weltweit die Popularität nationalistischer Politiker, wie wir nicht nur in den USA sehen, sondern auch in Asien und Europa. Dies wiederum führt dazu, dass die geopolitische Situation instabiler wird. Gerade auch in Europa sind nationalistischere Tendenzen sichtbar: Die enorme Popularität der neuen, gerade erst gegründeten Brexit-Partei in den Europa-Wahlen belegt dies ebenso wie der steigende Anhang der Lega von Salvini in Italien. Die geopolitische Stabilität für Europa wird zurzeit überschätzt, ein Austritt Grossbritanniens aus der EU ist eine reale Möglichkeit und würde nicht nur die britische Wirtschaft treffen, sondern über die Exporte der übrigen europäischen Länder nach Grossbritannien auch Europa insgesamt inklusive der Schweiz. 

Was China anbelangt, ist die Abhängigkeit der globalen Produktion von China (und damit auch von der chinesischen Regierung) besonders bei Konsumgütern, aber auch von Technologieprodukten über die Zulieferketten, so gross wie noch nie. Dies hat Konsequenzen.

«Die Rivalitäten zwischen USA und China bleiben unverändert bestehen –ein Dialog ist noch kein Deal.»

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Zum einen muss die US-Regierung schon aus militärischen Gründen die zunehmende Expansion von China in der Technologieentwicklung genauso wie die zunehmend aggressivere Aussen- und Asienpolitik Pekings (siehe auch die jüngsten Entwicklungen in Hong Kong) eindämmen, um zu verhindern, dass China geopolitisch zu dominant wird. Zwar wurde am G-20-Gipfel in Osaka kommuniziert, dass die Handelsgespräche zwischen den USA und China weitergehen und derzeit noch keine zusätzlichen Zölle erhoben werden, doch es wurde keine wirkliche Einigung über strittige Punkte erzielt. Die Verhandlungspositionen der USA und Chinas, dass seine Technologie-Agenda Made in China «2025» und die geopolitische Expansion weiterführen will, bleiben weit voneinander entfernt. 

Ein Dialog ist kein Deal - die geopolitische Rivalität zwischen den USA und China bleibt bestehen. Gleichzeitig sind auch die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und Russland nicht aufgelöst worden. Im Gegenteil: Der lauter werdende Konflikt zwischen dem Iran, welcher von Russland gestützt wird wie wir im Syrien-Bürgerkrieg gesehen haben, und den USA wird gefährlicher. In der globalen Politik hat der militante Iran in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen und beeinflusst vom Mittelmeer bis fast an die Grenze Indiens die ganze Region via Pakistan, Yemen, Syrien und Libanon (Hisbollah).

Gleichzeitig kommt der Iran immer näher an die für Atomwaffen kritische Menge angereichtes Uran – Experten sehen den Iran nur noch ein Jahr davon entfernt. Der von den USA wegen den Sanktionen wirtschaftlich schwer getroffene Iran wird zudem politisch aggressiver, wie man an den Attacken auf internationale Öltanker im Persischen Golf in den letzten Wochen sehen konnte. Durch die Meerenge vor der Küste des Iran, der Strasse von Hormuz, gehen rund 30-35 % des globalen maritimen Ölhandels. Mit Minen oder Raketenangriffen wäre es hier dem Iran möglich der Weltwirtschaft Schaden zuzufügen. Allerdings würden nicht in erster Linie die USA davon betroffen sein, sondern Asien, das der Hauptabnehmer des durch die Strasse von Hormuz transportierten Öls ist.

Was sind die Schlussfolgerungen? Die Zentralbanken sehen die steigenden ökonomischen Risiken aus den verschiedenen geopolitischen Konflikten und zeigen Bereitschaft, wenn nötig die Geldpolitik wieder lockerer zu gestalten. Doch inzwischen sind bereits viele Zinssenkungen von den Finanzmärkten in die Preise eingebaut worden. Besonders in den Aktienmärkten herrscht wieder viel Optimismus, Realismus wäre angesichts bestehender Konjunkturrisiken eher angezeigt.

Insgesamt sind wir der Ansicht, dass bei steigenden geopolitischen Rivalitäten und Risiken eine Diversifikation über alle Anlageklassen hinweg immer noch am sinn-vollsten ist. Dies bedeutet, dass Obligationen, gerade auch von finanzkräftigen Staaten, einen Platz in der Anlageallokation haben. Und Gold, aber auch andere Rohstoffe wie zum Beispiel Öl haben ebenso ihre Funktion bei der Diversifizierung in geopolitisch angespannteren Situationen.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als CIO das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG. Zuvor war er über viele Jahre CIO bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 5. Juli 2019

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